


Micani, der bolivianische Distrikt, in dem wir unsere Projekte umsetzten, ist ein außergewöhnlicher Ort: Die bergige, karge Landschaft scheint sich in die Unendlichkeit zu erstrecken. Ein trockenes Flussbett windet sich durch das felsige Hochland und verwandelt sich zur Regenzeit in einen reißenden Strom, der Straßen verschwinden lässt. Verstreut in diesem unwegsamen Gebiet finden sich einige kleine Dorfgemeinschaften und vereinzelte Lehmhütten, in denen die Bewohner Micanis leben. Maribel Montaño Oretea, die im Juni dieses Jahres die Rolle der Projektkoordinatorin in der Fundación Sodis übernommen hat, berichtet uns bewegt von ihren ersten Beobachtungen und Begegnungen bei der Feldarbeit.
Das Leben in der Abgeschiedenheit birgt Herausforderungen und es gehört zum Alltag, große Strecken zu Fuß zurückzulegen. Manche Kinder nehmen bis zu drei Stunden Schulweg auf sich und verlassen das Haus in der Nacht, um zur Schule zu gehen. Öffentliche Transportmöglichkeiten gibt es zwischen den Dörfern nicht und kaum ein Dorfbewohner in der Region besitzt ein Motorrad oder Auto. Außerdem werden die unbefestigten Straßen zwischen vielen Orten jedes Jahr zur Regenzeit vom Wasser abgetragen und somit unbefahrbar. Diese Umstände erschweren die Projektarbeit, da Mobilität und Materialtransport zwischen den Gemeinden nur eingeschränkt umsetzbar sind.
Entwicklungen in den Projekten
Dennoch berichtet Maribel von Erfolgen in den Projekten: Die wichtigen Materialien für den Bau der Schulgärten im Projekt Ernährungssicherheit haben ihr Ziel Micani erreicht. Fast alle Dorfschulen sind nun mit einem eigenen Schulgarten ausgestattet, in dem Gemüse angebaut werden kann, um die Schulmahlzeiten zu ergänzen. Sparsame Tröpfchenbewässerung ermöglicht eine ganzjährige Bewirtschaftung auch während der Trockenzeit.
Ebenso entwickele sich das Projekt Qhari Warmi, mit dem Unternehmertum und Gleichberechtigung gefördert werden, erzählt Maribel. Die Tara-Setzlinge, die im vergangenen Jahr den Startpunkt des Projekts darstellten, sind bereits 1 m hoch und die Setzlinge dieser Pflanzsaison können von der beginnenden Regenzeit profitieren.
Gemeinschaftssinn auf dem Land
Besonders beeindruckt zeigt Maribel sich von der Wertschätzung und Gastfreundschaft, die ihr von den Menschen vor Ort entgegengebracht wird. Um einen Blick auf den Zustand der Kochstellen und Trenntoiletten zu werfen, begleitete sie eine Familie zu ihrem Haus: „Stundenlang läuft man gemeinsam durch die Berge und plötzlich heißt es: ,Dahinten auf dem Hügel ist es!‘ Es ist ein Hügel wie jeder andere. Aus der Ferne unterscheidet er sich nicht von den anderen. Doch dann steht dort eine einfache Hütte aus Lehm.“ Sie erfährt, dass die Familie schon seit Jahren am Projekt teilnimmt und sie sowohl die Kochstelle als auch die Trenntoilette schon seit Langem nutzt. Die Gebrauchsspuren weisen jedoch unverkennbar auf die Bedeutung von Wartung und Monitoring durch die LokalexpertInnen hin.
Die Familie freut sich über den Besuch von Maribel und lädt sie zum Essen ein. Sie sei weit gelaufen und extra hergekommen, um sich der Probleme und Bedarfe der Familie anzunehmen. Die Sopa de Chuño (traditionelle, andine Suppe) wird unter allen Anwesenden verteilt. „Sie teilen das wenige, das sie haben“ erzählt uns Maribel gerührt von diesem selbstlosen Akt.